
Heute öffnet sich mein Türchen im Adventskalender des Bloghexen-Forums, bei dem es jeden Tag vom 1. bis 24. Dezember einen Blogpost mit einem weihnachtlichen oder winterlichen Thema gibt. Und da Weihnachten für mich auch etwas mit Geschichten und Büchern zu tun hat, möchte ich euch in diesem Beitrag von einer besonderen Weihnachtstradition erzählen: Jólabókaflóðið – die Weihnachtsbuchflut aus Island.
Vielleicht liegt es an diesem einen Weihnachtsroman, den ich damals für eine Ausschreibung des Carlsen-Verlags begonnen habe – eine Geschichte rund um den Christkindlesmarkt, die seit Jahren halbfertig in meiner Schublade wohnt und mich jedes Adventslicht ein bisschen vorwurfsvoll anblinzelt (sehr weit gediegen).
Oder an dem zweiten Romanprojekt – ebenfalls für eine Ausschreibung für eine Winter Romance –, der wie ein literarischer Adventskalender aufgebaut sein sollte, es aber auch nicht in die nähere Auswahl geschafft hat. Und dann wäre da noch die Weihnachtskatze, die mich nicht loslässt und an die mich Melisande auch laufend erinnert. Für 24 Kurzgeschichten zum Advent: Tassengeflüster habe ich ihr bereits eine eigene Kurzgeschichte geschenkt, und eigentlich hätte sie endlich ihre Hauptrolle verdient, aber die liebe Zeit.
Dennoch faszinieren mich seit der Recherche für dieses Buch Islands weihnachtliche Bräuche, da sie so anders als die deutschen (oder amerikanischen) sind.
Einer davon passt perfekt sogar zu diesem Adventskalender: Jólabókaflóðið, die isländische Weihnachtsbuchflut.
Dazu möchte ich zunächst eine kleine Szene aus meinem oben erwähnten Weihnachtsroman um die isländische Weihnachtskatze zeigen, in der es der Protagonistin Mina (ein Au-Pair in Island) erklärt wird.
»Sagt dir Jólabókaflóðið etwas?«
»Jóla… Weihnachts–… Buch?«
»Weihnachtsbuchflut«, übersetzte Rayk.
Das klang ja interessant. Mein Wutmonster zog sich zurück. Vor allem tönte es nach einem Thema, das absolut nichts mit Küssen zu tun hatte. »Und was soll das sein?«
»Ihr Ursprung findet sich zur Zeit des Zweiten Weltkriegs«, sagte Rayk.
Ich wollte schon zu einer genervten Unterbrechung ansetzen, als er den Finger erhob. Empört – verbot er mir tatsächlich den Mund? – starrte ich auf seinen Zeigefinger.
»Nachdem Island seine Unabhängigkeit von Dänemark erklärt hatte, besetzte England Island, später folgten die Amerikaner«, fuhr Rayk in einem Tonfall fort, der perfekt zu einer verschnarchten Geschichtsstunde passte.
»Einar wartet auf seine Gute-Nacht-Geschichte«, erinnerte ich.
»Mein Bruder wird sich etwas gedulden müssen.« Rayk schmunzelte. »Papier war damals einer der wenigen Rohstoffe, der nicht rationiert wurde, und so schenkten sich die Isländer zu Weihnachten vor allem Bücher.«
Jólabókaflóðið – wie Mina so schön feststellt, bedeutet das Wort einfach Weihnachtsbuchflut und genau das ist es auch. In Island schenken sich Familien am 24. Dezember traditionell Bücher. Aber nicht einfach als hübsches Päckchen für später, sondern mit der klaren Absicht: Noch am selben Abend wird darin geschmökert, eingekuschelt in Decken und mit heißem Kakao in der Tasse.
Seit 1944 erscheint in Island jedes Jahr Mitte November während der Buchmesse in Reykjavik der Bókatíðindi – ein landesweiter und kostenloser Katalog mit allen Neuerscheinungen für Jung und Alt. Für viele Isländer:innen markiert er den offiziellen Start der Buch- und Weihnachtssaison.
Island gehört weltweit zu den Ländern mit den meisten Buchveröffentlichungen pro Kopf. Statistisch schreibt dort etwa jede:r Zehnte einmal im Leben ein Buch – kein Wunder bei einer Tradition, die Lesen so selbstverständlich in die Feiertage integriert wie bei uns Plätzchen und Punsch.
Was mir besonders gefällt: In Island ist es völlig normal, sich an Heiligabend nach dem Essen mit einem Buch zurückzuziehen. Das gilt nicht als unhöflich, sondern als Teil des Feierns. Lesen wird dort als gemeinsamer Brauch empfunden.
♦ Island veröffentlicht jährlich über 1.000 Bücher bei nur ca. 380.000 Einwohnern
♦ Jólabókaflóðið bedeutet Weihnachtsbuchflut
♦ Lesen am 24. Dezember gilt als gesellschaftlich anerkanntes Ritual
♦ Der Weihnachtsbuchkatalog landet in jedem Haushalt
♦ Viele Kinder hoffen eher auf Bücher (und Socken ;)) als auf Spielzeug
Ich liebe die Vorstellung, Weihnachten mit einem Buch in der Hand zu feiern und ich bekomme auch heute noch ab und an Bücher zu Weihnachten. Allerdings hat das stark nachgelassen, da ich – vor allem aus Platzgründen – vermehrt digital lese.
Vermutlich verstecken sich deswegen auch in meiner Schublade die oben genannten Weihnachtsromane (ich weiß nicht einmal, ob das alle sind) und nein, das liegt nicht nur daran, dass man als Autorin einfach das Weihnachtsgeschäft auch nutzen will. Denn obwohl GLYN vor weihnachtlicher Kulisse diesen Blogpost ziert, fehlt mir bisher ein richtig weihnachtlicher Roman 🙂
Dennoch frage ich mich manchmal, ob ich nicht endlich einen dieser Romane hervorholen sollte. Die Geschichten liegen da, gut verstaut zwischen anderen Ideen, Notizen und vielen Zweifeln. Im Fall der Weihnachtskatze ein paar logische Schwierigkeiten und vor allem meine Unlust, mich mit diesen unzähligen Akzentzeichen zu beschäftigen. Ich muss vermutlich niemanden sagen, dass ich jedes Mal, wenn ich das Wort Jólabókaflóðið in diesem Blogpost verwende, ich es von einer anderen Stelle kopiert habe, oder?
Bei den anderen Romanen ist es das übliche Problem Markt vs. persönliche Vorlieben, das ich zwar in den Griff kriegen will, aber nicht bei der Überarbeitung von Romanen sehe – sondern bei neuen Projekte gar nicht mehr hineinlaufen will. Und desweiteren habe ich, wie ich in meinem letzten Blogpost bereits geschrieben habe, viele andere Baustellen, die zuerst meiner Aufmerksamkeit bedürfen.
Die Mitglieder aus dem Bloghexen-Forum haben einen gemeinsamen Blog-Adventskalender erstellt.
Auf allen teilnehmenden Blogs findet Ihr vom 1. bis 24. Dezember spannende, kreative und festliche Beiträge rund um Weihnachten bzw. den Winter. Jeder Blogger und jede Bloggerin hat sich Gedanken gemacht, wie er/sie euch die Weihnachts- bzw. die Winterzeit versüßen kann. Sei es mit einem Rezept, einem do it yourself, einem Gewinnspiel, Gedanken oder Geschichten. Genieße die Vielseitigkeit, die unsere Blogosphäre zu bieten hat.

Der chaotische Lifestyle Blog – Saphirija
Zum Weiterschmökern: Die Navigation rechts oder links führt dich zum nächsten oder vorherigen Türchen im Adventskalender.
Du suchst eine Übersicht? Hier geht es zur Landing-Page des Projekts!
Bereits im vergangenen Jahr haben die Bloghexen eine Blogtour zum Thema Weihnachten veranstaltet, bei der ich ebenfalls teilgenommen habe. Mein damaliger Beitrag (Weihnachtliche Bücher – Weihnachtsfeier bei den großartigen Bloghexen) beinhaltet eine Liste von weihnachtlichen Büchern von Kollegen und Kolleginnen. Also ideal für Jólabókaflóðið 😉
Welches Buch habt ihr zuletzt zu Weihnachten bekommen?
Ich bin gespannt auf eure Antworten!
Viele Grüße

Auf dieser Seite findest Du unterstrichene Links mit *. Dies sind sog. Affiliate-Links. Sie führen zu den im Linktext benannten Büchern, Filmen und anderen Artikeln bei Amazon. Wenn du über diese Links einkaufst, erhalte ich von Amazon einen kleinen Prozentsatz des Kaufpreises. Für dich entstehen keine zusätzlichen Kosten – die Bestellung läuft wie gewohnt ab. Das ist eine großartige Möglichkeit, mich und meine Arbeit zu unterstützen, ohne dass es dich extra kostet.
4 Antworten
Liebe Catrina,
das ist eine tolle Tradition, ich glaube ich habe sogar schon mal darüber gelesen.
Bei uns kommen auch viele Bücher unter den Weihnachtsbaum und ich bin froh über die Möglichkeit nun auch Kindle-Bücher zu verschenken.
Eine meine Kindheitserinnerungen zu Lesen am Heiligabend ist, dass mein Opa – eigentlich ein ziemlich geselliger Typ, aber auch eine richtige Leseratte – sich dann irgendwann zurückgezogen hat und gemütlich im Sessel saß und völlig ins neue Buch versunken war. Das ist für mich ein Inbegriff von weihnachtlicher Gemütlichkeit.
Liebe Grüße
Kerstin
Hallo Kerstin,
Danke für deinen Kommentar! Dein Opa klingt dann ja nach jemanden, dem die isländischen Weihnachtstraditionen dann sicher gut gefallen hätten 😉
Weihnachtliche Grüße
Catrina
Jólabókaflóðið ist ein ganz zauberhaftes Wort, das ich höchstwahrscheinlich völlig falsch ausspreche. Egal. Ich mag es!
Und ich mag die Vorstellung, am Weihnachtsabend kollektiv in der Familie zu lesen! Stoff dazu hätte ich genug, meine Lieblingsautorin Ursula Poznanski schreibt ihre Meisterwerke schneller, als ich sie lesen kann 🙂
Danke für diesen schönen Weihnachts-Beitrag!
Sabine aus dem Mausloch
Isländisch ist wirklich toll. Die Wörter richtig auszusprechen, ist fast unmöglich.😅 Ich werde mich an Weihnachten auch in meinen Lesesessel setzen und lesen. Lesen ist für mich die schönste Beschäftigung.