„Plotten vs. Pantsen“ – das klingt wie der Titel eines Fernsehduells, ist aber eine sehr beliebte Frage unter unter Autor:innen: Planst du akribisch oder lässt du deine Figuren machen, was sie wollen? In diesem Beitrag erfährst du, was hinter den beiden Ansätzen steckt und was der Reiz (und die Tücken) der jeweiligen Schreibmethode sind – inklusive Methoden, Tipps und einem kleinen Selbsttest.
Echt jetzt? Ein Blogpost über Plotten vs. Pantsen?
Lange habe ich gezögert, ob ich in meinem Blog überhaupt Schreibtipps geben sollte. Nicht, weil ich keine hätte – Melisande kann ein Lied davon singen –, sondern weil ich weiß, wie individuell Schreiben ist. Was für einen funktioniert, bringt den anderen komplett aus dem Takt.
Aber irgendwann dachte ich mir: Warum nicht einfach mal ausprobieren? Genau deshalb starte ich jetzt mit einem Thema, das mich selbst schon durch so einige Phasen begleitet hat: Plotten vs. Pantsen. Denn: Ich war schon beides. Oder irgendwie dazwischen, denn im Laufe der Jahre hat sich mein Schreibvorgang einfach immer wieder verändert. Da gab es Versuche mit minutiöser Planung bis hin zu „Ich weiß nicht, wohin das führt, aber ich schreibe jetzt einfach los“. Deshalb ist das hier kein Ratgeber mit erhobenem Zeigefinger, sondern ein Erfahrungsbericht mit Methoden, Ideen und hoffentlich etwas Mehrwert für meine Leser:innen. Aber nun heißt es erstmal „Plotten oder pantsen – und warum die Antwort vielleicht einfach Ja lautet“.
Plotten bedeutet, die Handlung eines Romans im Voraus zu planen – also einen strukturierten Handlungsverlauf zu entwerfen, bevor das eigentliche Schreiben beginnt. Schon Aristoteles beschrieb in seiner Poetik (335 v. Chr.), dass jede Geschichte – hier bezog er sich auf Tragödien – eine erkennbare Struktur mit Anfang, Mitte und Ende braucht. Doch damit ist Plotten kein moderner Schreibtrend, der den neuzeitlichen Autoren endlich den Erfolg beschert, den sie haben sollten (oder wollen), sondern ist tief in der Erzähltradition verankert.
Wer plottet, legt zentrale Ereignisse, Wendepunkte, Figurenentwicklungen und oft auch thematische Motive im Vorfeld fest – wie beim Zeichnen einer Landkarte vor einer langen Reise. Beliebte Modelle zur Orientierung sind etwa die Drei-Akt-Struktur, die Heldenreise oder die 3-9-27-Methode.
Zum Plotten gibt es verschiedene Werkzeuge und Modelle, die helfen, Struktur in eine Geschichte zu bringen.
Einführung, Konflikt, Auflösung – das klingt verdächtig nach Deutschunterricht und literarischer Interpretation in der Oberstufe, oder? Genau genommen ist die Drei-Akt-Struktur eines der ältesten Erzählmodelle überhaupt, dabei aber simpel und erstaunlich wirkungsvoll. Sie bietet einen zuverlässigen Rahmen für fast jede Geschichte und hilft dabei, Spannung und Entwicklung sauber aufzubauen, ohne sich in zu vielen Schleifen zu verlieren.
Die Heldenreise ist eines der bekanntesten Erzählmuster überhaupt – sie wird oft zitiert, vielfach variiert und ist dabei überraschend universell einsetzbar. In einem Satz lässt sich die Heldenreise so zusammenfassen: Eine Figur verlässt ihre vertraute Welt, stellt sich Herausforderungen, scheitert (gelegentlich spektakulär), wächst daran und kehrt verändert zurück.
Joseph Campbell hat diese Struktur in seinem Werk Der Heros in tausend Gestalten aus Mythen und Legenden weltweit herausgearbeitet. Später wurde sie von verschiedenen Autor:innen adaptiert – etwa von Christopher Vogler oder von Blake Snyder.
Dort, wo die Heldenreise nach Campbell Struktur und Ordnung hat, gibt es noch die Reise der Heldin, die intuitiver vorgeht. Was im ersten Augenblick eher spirituell genutzt wird, findet sich gerade in Romanen mit einem Entwicklungsplot wieder: Die Suche nach einer neuen Identität und nicht der Aufbruch ins Abenteuer. Eine Autorin, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat, ist Maureen Murdock.
Ideal für epische Fantasy, Coming-of-Age-Geschichten und alles, was Held:innen ein bisschen leiden und dann glänzen lässt.
„Save the Cat!“ ist ein 15-Punkte-Plot-System aus dem Drehbuchbereich – klar strukturiert, praxisnah und erstaunlich vielseitig. Entwickelt wurde es vom Autor und Drehbuchcoach Blake Snyder, der mit Entwürfen nach seinem eigenen System deutlich erfolgreicher war als mit seinen zwei veröffentlichten Filmen. Ein Coach, der wusste, wie’s geht – wenn auch nicht immer für sich selbst.
Die Inspiration für den Titel dieses Konzepts hatte Blake Snyder übrigens von dem Film Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, wo der Hauptcharakter Ellen Ripley eine Katze namens Jones rettet (ich liebe diesen Film!).
Das System legt den Fokus auf emotionales Storytelling und führt klar benannte Stationen ein, sogenannte Beats, die beim Schreiben Orientierung geben: von Opening Image über Fun and Games bis zu Dark Night of the Soul. Die Methode ist besonders bei Romanautor:innen beliebt, die eine gut nachvollziehbare Struktur suchen und dabei trotzdem Raum für Charakterentwicklung und Spannung brauchen.
Die Schneeflocken-Methode wurde von Randy Ingermanson entwickelt und richtet sich an Autor:innen, die strukturiert und schrittweise arbeiten wollen. Der Ansatz beginnt mit einem simplen Ein-Satz-Pitch – quasi der Kern der Geschichte – und erweitert sich dann schrittweise zu einem vollständigen Romanplan.
Im Verlauf entwickelt man aus diesem einen Satz einen Absatz mit fünf Sätzen, daraus eine einseitige Zusammenfassung, dann Figurenübersichten, Szenenlisten usw. – ähnlich wie bei einer Schneeflocke. Der große Vorteil: Man arbeitet sich Stück für Stück voran. Diese Methode eignet sich besonders für analytisch denkende Schreibende, die gerne mit Struktur arbeiten, aber nicht sofort alles im Detail planen müssen.
Die 3-9-27-Methode ist wie ein zuverlässiges Schreib-Navi: Sie gliedert den Roman in drei Akte, neun zentrale Stationen und 27 Kapitel oder Szenen. Der eigentliche Höhepunkt findet sich in Station 8 – also im dritten Akt – dort, wo der zentrale Konflikt seinen dramatischen Höhepunkt erreicht. Besonders hilfreich ist, dass jede Station einen einprägsamen Namen trägt, der sofort deutlich macht, worum es geht – etwa Tiefpunkt, Wendepunkt oder Showdown. Das macht es leicht, den roten Faden zu behalten – auch wenn man unterwegs mal vom Kurs abkommt oder eine kreative Abzweigung nimmt.
„Pantsen“ stammt vom englischen Ausdruck „writing by the seat of your pants“ – also schreiben ohne Plan, dafür mit jeder Menge Bauchgefühl. Der Pantser in seiner extremen Ausprägung ist das genaue Gegenstück zum Plotter: Statt einer ausgearbeiteten Struktur genügt oft ein Funke – ein Satz, eine Figur oder ein vager Gedanke – und los geht’s.
Ohne jegliche Vorplanung beginnt der Text sich zu entfalten, manchmal überraschend schnell. Die Inspiration kann frei fließen, spontane Einfälle finden jederzeit Platz und das Schreiben fühlt sich oft an wie ein Flow-Zustand. Fast so, als hätte einen die Muse geküsst.
🔲 Du hast schon einen detaillierten Plot, bevor das erste Kapitel geschrieben ist.
🔲 Listen, Mindmaps und Exceltabellen machen dich richtig glücklich.
🔲 Du hättest das Drehbuch zu deinem Roman locker nebenbei mitverfassen können.
🔲 Du magst es, die Kontrolle zu behalten – am liebsten vom ersten bis zum letzten Twist.
🔲 Komplexe Welten, Zeitsprünge oder Buchreihen? Kein Problem – Hauptsache, der Plan steht!
Ergebnis:
Wenn du hier innerlich fünfmal genickt hast, schlägt dein Herz wahrscheinlich fürs Plotten. Struktur gibt dir Sicherheit – und die hilft dir besonders bei komplexen Projekten, den Überblick zu behalten.
🔲 Du fängst einfach an zu schreiben, der erste Satz entsteht oft spontan.
🔲 Deine Figuren reden mit dir … und übernehmen manchmal komplett die Kontrolle.
🔲 Wendungen passieren nicht, weil du sie geplant hast – sie fühlen sich einfach richtig an.
🔲 Du entdeckst die Geschichte beim Schreiben und liebst genau das.
🔲 Du hast keine Angst vor leeren Seiten: Sie sind wie ein weißes Blatt voller Möglichkeiten.
Ergebnis:
Wenn du hier mehr als einmal genickt hast, bist du vermutlich ein:e echte:r Pantser. Für dich ist das Schreiben ein Abenteuer – deine Geschichte entsteht mit Gefühl, Neugier und einer Prise Chaos. Struktur? Kann man ja zur Not im Lektorat nachholen 😉
🔲 Du hast schon einen detaillierten Plot, bevor das erste Kapitel geschrieben ist.
🔲 Deine Plotpläne bestehen aus Notizzetteln, Sprachnachrichten und einem mysteriösen Google-Doc.
🔲 Du planst gerade so viel, dass du beruhigt anfangen kannst – den Rest regelt die Inspiration.
🔲 Deine Figuren entwickeln manchmal ein Eigenleben und du findest das okay, solange sie sich grob an den Plan halten.
Ergebnis:
Wenn du mehrfach genickt hast, bist du vermutlich ein:e klassische:r Plantser. Du magst den goldenen Mittelweg: genug Planung, um nicht panisch auf die Seite zu starren, aber auch genug Freiheit, damit deine Geschichte atmen kann. Klingt nach dir? Dann: Willkommen im Club der flexiblen Kreativen!
Es gibt keinen „richtigen“ Weg, um ein Buch zu schreiben – nur den, der für einen funktioniert. Den besten Schreibtyp für sich findet man meistens nicht durchs Lesen von irgendwelchen Blogposts (wie diesen 😉 ), sondern durchs Ausprobieren. Ich selbst habe über die Jahre viele Methoden ausprobiert – von der Schneeflockenmethode bis zur 3-9-27-Struktur – und mir aus allem das mitgenommen, was für mich funktioniert.
Wie viele andere Autor:innen bewege ich mich mittlerweile irgendwo dazwischen: zwischen dem Wunsch nach Struktur und dem Reiz des Unerwarteten. Ich plane heute deutlich bewusster als früher – aber eben nicht so überpenibel wie in meiner Plothochphase, in der ich überhaupt nicht ins Umsetzen kam (Wunsch nach Perfektion, anyone?) Daher plane ich vor allem den Grobinhalt, wichtige Wendepunkte, Stellen und wiederkehrende Motive pro Kapitel oder Person.
Trotzdem gibt es beim Schreiben immer wieder Ungeplantes: Szenen, die sich verselbstständigen oder Figuren, die plötzlich ganz andere Dinge tun, als ich geplant hatte. Diese spontanen Entwicklungen bereichern oft den Text – aber manchmal bringen sie zugegebenermaßen auch mein sorgfältig aufgebautes Gerüst ins Wanken. Es ist also nicht immer Plotten oder Pantsen. Diese Art zu Schreiben wird gern (man braucht ja für alles ein Wort) Plantsing genannt.
Ähnliches gilt übrigens für meine Blogposts. Meistens mache ich mir vorab einige Gedanken, welche Punkte ich ansprechen will (grobe Gliederung), dann fange ich an, erste Gedanken unter diesen Überschriften zu sammeln, ehe ich ans ausformulieren gehe – und dann fällt mir noch das ein oder jenes, und schließlich wird der Blogpost doch länger als eigentlich geplant.
Tipp: Probiere beides aus! Vielleicht plottest du deinen nächsten Roman kapitelweise, aber schreibst eine Kurzgeschichte mal ganz frei und schaust, wohin dich das führt!
Egal ob du Listen liebst oder lieber losfliegst – Hauptsache, du kommst voran. Finde den Schreibstil, der zu dir passt.
Welcher Schreibtyp bist du – Plotter, Pantser oder Plantser?
Erzähl es mir gern in den Kommentaren – ich bin gespannt auf deinen Weg
Viele Grüße
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